Depressionen

Ein Beitrag von Saskia Weide

Depressionen Eine weitere schlaflose Nacht neigt sich ihrem Ende zu, mein Blick auf den Wecker schnürt mir weiter die Kehle zu, fünfzehn Minuten noch, dann nimmt mein täglicher Albtraum seinen Lauf.

Mein Blick starrt ins Leere, die Dunkelheit frisst mich auf. Früher war alles perfekt, meine Freunde waren immer für mich da, die Erinnerungen, die ich sammeln konnte, werden mir erst jetzt richtig klar. Erinnerungen an tollen Abenden, Pizza essend, laut lachend und den größten Quatsch mitmachend. Ein banaler Abend, der heute erst an Wert gewinnt. Früher noch gelebt, heute die Zeit, die mir viel zu schnell durch die Finger rinnt. Ohne Chance auf Änderung, der Schatten, er hindert mich, doch eine kleine Stimme voller Hoffnung spricht mir zu und erinnert mich, erinnert mich, wie gut es mir doch ging, in der alten Schule mit meinen Freunden an meiner Seite und den Gedanken an Veränderung war mir zu gering.

Doch weil ich weiß, man kann die jetzige Situation nicht ändern, fang ich gar nicht erst an, zu versuchen, es zu verändern. Und so bleibt das schreckliche Gefühl der Leere, sie frisst mich auf, doch ich sehe sie als Lehre. Als Lehre für meine Naivität letzten Jahres, die Momente vergossen statt genossen, doch die Erkenntnis kommt zu spät.

Vierzehn Minuten noch, dann nimmt mein täglicher Albtraum seinen Lauf, irgendwann wird’s aufhören, das weiß ich, doch ich bin mir nicht sicher, gebe ich vorher auf? Ich habe Eltern, die mich unterstützen, in gefährlichen Situationen es wahren, mich zu beschützen. Und trotzdem versuchen, mich zu unterdrücken. Meine Gefühle an einen anderen Platz zu rücken, nur um ihren Ruf zu bewahren, das Bild nach außen zu klaren und damit das Geschäft am Laufen zu halten, wovon sie uns ernähren. Ich nehme es ihnen doch nicht ernst, nicht informiert und nicht wissend, wie es ist, ihre Meinung so einfach hinzunehmen.

Wie soll es bloß weitergehen, kämpfend bis zur blanken Erschöpfung und trotzdem durchbeißend, meine Eltern nicht zu verletzen. Meine Eltern, geschieden früher noch Familie, heute mehr zerrissen. Meine Mutter hängt am Alkohol, meinem Vater gehts nur ums Eigenwohl und meine Schwester ist geflohen und wurde mit der Freiheit belohnt.

Und ich? Ich blieb zurück, die Prügeleien machen mir zu schaffen, doch tuen sie mir nicht weh, was mir weh tut, ist der Hintergrund, der sich hinter ihnen verbirgt und er sich mir langsam in mein Fleisch gräbt. Fünf Minuten noch, dann nimmt mein täglicher Albtraum seinen Lauf. Ein weiterer Tag steht an, ein unbändiger Schmerz steigt in mir auf. Mein Weg den Schmerzen auszuweichen, psychisch in physisch zu wandeln und dem Widerstand zum Griff zur Klinge zu erweichen. Die Klinge, das Blut, das zeigt mir, das ich lebe, denn innerlich bin ich tot, nach außen eine komplette Leere. Und dann noch die unwissenden Schüler, sie lachen mich aus, starren auf meine Narben, schubsen mich rum, ohne Nachzudenken steigern sie ihre Taten. Vorurteilig denken sie, sie seien toll und mächtig, doch irgendwann, denke ich, wird das Karma ungemütlich und verächtlich.

Mein Blick verliert sich im Nichts, stiert an die Decke und denkt an all die Dinge, die ich früher genossen haben könnte, doch vergesse meine eigenen Mächte, die Mächte, mir Hilfe zu suchen, mein Leben in die Hand zu nehmen. Doch zeigt das nicht Schwäche? Allein es nicht hinzukriegen, andere zu bitten, die Dinge wieder geradezurücken. Mein Blick fällt auf den Wecker, die Zeit wird immer geringer, mein Atem wird schneller, der Sauerstoff im Zimmer wird vermindert. Und mit dem Wecker beginnt mein alltäglicher Albtraum, vielleicht wird es irgendwann besser, doch es ist ein ungewisser Zeitraum.

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